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Der Gedanke daran, Mutter zu sein kann für jedes frischgebackene Elternteil eine überwältigende Erfahrung sein, verbunden mit Ängsten, Erwartungen, aber auch Freude. Ein Kind großzuziehen ist nicht nur die schwierigste, sondern auch die schönste Reise im Leben. Allerdings kann diese für Frauen mit Behinderungen ein komplexes Unterfangen sein.
Laut den Menschenrechten der Vereinten Nationen ist jeder Mensch von der Geburt an frei und hinsichtlich seiner Würde und Rechte mit allen anderen gleichgestellt. In diesem Kontext ist eine Familie eine natürliche und wichtige Gruppeneinheit in unserer Gesellschaft. Jeder hat das Recht, eine Familie zu gründen oder eine anzugehören, doch Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen leiden oft an Vorurteilen, wenn sie eine Familie gründen wollen.
Gesellschaftliche Missverständnisse
Die stärksten Barrieren existieren aus gesellschaftlicher Sicht. Für viele Menschen ist eine Schwangerschaft trotz Behinderung ein Tabuthema – schließlich steht die Frage im Raum, ob die werdende Mutter in der Lage sein wird, sich um das Kind zu kümmern. Diese Mythen halten sich hartnäckig in unserer Gesellschaft und hindern Menschen mit Behinderungen daran, Erziehung richtig und sicher durchzuführen. Es gilt: Wer ein autonomes Leben führt, kann sich sowohl um sich selbst als auch um ein Kind kümmern.
„Wir sind Eltern wie alle Eltern, die Kinder haben. Wir lieben unsere Kinder und stehen für sie ein“, beschreibt Wheelymum die Situation. Die Rollstuhlfahrerin betreibt einen Blog, in der sie ihre Erfahrungen als Mutter beschreibt. Denn obwohl überall gerne von „Inklusion“ gesprochen wird, fehlte bei ihrer Reise in die Mutterschaft nicht nur das Verständnis von Freunden oder Bekannten, sondern auch von Medizinern.
Laut mehreren Untersuchungen an der israelischen Bar-Ilan-Universität zeigen Kinder von Eltern mit sensorischen Einschränkungen sogar eine hohe emotionale Intelligenz. Die Entwicklung und Zufriedenheit eines Kindes wird durch eine Behinderung seitens der Eltern also nicht eingeschränkt. Stattdessen fördert sie die Entwicklung einer besseren Empathie und einem besseren Verständnis. Laut Emily Beitiks, Tochter einer Frau mit multipler Sklerose, „ist es nicht die Tatsache, dass meine Mutter trotz ihrer Behinderung mich zu einem besseren Menschen gemacht hat, sondern die, dass sie mich erst überhaupt zu einem Menschen gemacht hat.“
Adaption und Barrierefreiheit
Wichtig für Eltern mit Behinderungen sind adaptierte Geräte und Methoden, um den körperlichen Fähigkeiten und Lebensstilen gerecht zu werden. Es existieren keine strengen Regeln für die Erziehung und viele alltägliche Aktivitäten können adaptiert oder barrierefrei gestaltet werden.
Laut einer Studie, die im American Journal of Occupational Therapy veröffentlicht wurde („Mothers With Physical Disablity: Child Care Adaptations at Home”), berichten Mütter, dass die größte Herausforderung die Versorgung des Kindes bei Nacht, das Baden, sowie das Tragen und Transportieren gewesen ist.
Die Studie beleuchtete auch, dass im Laufe der Zeit betroffene Eltern ihren Alltag umstrukturiert haben, um diese Herausforderungen zu begegnen. Als Beispiel: Die Mütter fingen an, ihre Kinder in Babytragetücher zu wickeln, um sie sicher an ihren Körper zu binden. Wenn das Kind größer wurde, verwendeten sie Gurte und brachten ihren Kindern bei, wie sie im Rollstuhl richtig auf dem Schoß sitzen. Möbel wie Tische oder Krippen wurden modifiziert, um die Barrierefreiheit im Haus zu verbessern.
Ergotherapeuten sind eine gute Stütze für Eltern mit Behinderungen. Gemeinsam können sie neue Möglichkeiten entwickeln, körperliche Aufgaben zu bewältigen, wie beispielsweise das Baby aus dem Auto zu holen oder den Kinderwagen für den Rollstuhl anzupassen.
Ressourcen für Eltern mit Behinderungen
Wie ist es, eine Mutter mit Behinderung zu sein?
Es gibt viele Mütter mit Behinderungen, die mit der Erziehung ihres Kindes eine ganz individuelle Reise beginnen. Dank des Internets gibt es nicht nur leichter Zugang zu Büchern und Zeitschriften, sondern auch zu Blogs (wie den eingangs schon erwähnten Wheelymum), auf denen Frauen über ihre persönlichen Erlebnisse hinsichtlich Schwangerschaft, Geburt und Erziehung schreiben.
Wie ist es fürs Kind, wenn die Eltern im Rollstuhl sitzen?
In diesem Artikel berichtet Martina Henschelchen von ihrer Kindheit mit ihren Eltern, die beide im Rollstuhl sitzen. Sie beschreibt, dass trotz der Hürden ihre Eltern alles hervorragend gemeistert haben, ohne dass sie als Kind je davon etwas mitbekommen hatte.
Bundesverband behinderter und chronisch kranker Eltern
Der bbe e.V. ist ein Verein, der sich speziell um die Belange von Eltern mit bestimmten Erkrankungen oder Behinderungen kümmert.
Wie Mama mit der Nase sieht
Das kindgerechte Buch von Peter Guckes (ISBN: 978-3945648018 - Amazon-Link) vermittelt sehenden Kindern ein besseres Verständnis für sehbehinderte Eltern.
18 Tipps für Kinder und Eltern
Wheelymum hat in einem Artikel 18 Tipps verfasst, wie man als Rollstuhlfahrer mit den Fragen des eigenen Kindes umgehen kann.
Kinderwunsch und Behinderung
Die Stiftung MyHandicap hält ebenfalls einige Artikel darüber bereit, wie die Familienplanung trotz körperlicher Einschränkungen funktionieren kann.
Sexualität und Behinderung
Auch pro familia bietet Informationen rund um die Sexualität und Kinderwunsch auf ihrer Website an.
Die gesellschaftlichen Barrieren tragen dazu bei, dass viele Menschen weiterhin denken, dass ein Kind nicht von Eltern mit Behinderungen großgezogen werden kann. Dennoch können diese Mythen leicht widerlegt werden. Denn auch für diese Eltern kann die Erziehung eines Kindes eine besondere und schöne Reise im selbstbestimmten Leben sein.