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Wacken Open Air 2017 im Rollstuhl

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Wacken Open Air 2017 im Rollstuhl: Metamily & Friends - Gastbeitrag von Andrea Schütt

Moin moin an alle Metalheads und interessierte Leser,

mein Name ist Andrea Schütt und ich bin seit 2010 auf einen Rollstuhl mit Restkraftverstärker - meine Mücke - angewiesen. Da bin ich wieder. Ist es wirklich schon ein Jahr her, als ich an selber Stelle saß und über meine Erlebnisse im Rollstuhl auf dem W:O:A: berichtete? Wahnsinn, wie die Zeit vergeht.

Denn am ersten Augustwochenende 2017 fand wieder das weltgrößte Heavy-Metal-Open-Air-Festival im beschaulichen Ort Wacken in Schleswig-Holstein statt. Mit einer beeindruckenden Palette von Bands, wie z. B. Amon Amarth, Avantasia, Volbeat, Kreator, Hämatom, Heaven Shall Burn, Lacuna Coil, Alice Cooper, Marilyn Manson, Status Quo, Paradise Lost, Accept, und vielen weiteren. Es war für jeden was dabei. Metalheads – Let the Party rock!

Wacken 2017 - Sicht auf Bühne

Bereits am Montag öffnete das W:O:A seine Pforten für frühanreisende Metalheads. Also schlugen auch wir am Montag unsere Zelte auf dem Campground A in der Wheels of Steel Area für Menschen mit Handicap auf. Überall herrschte schon buntes Treiben – mehr als in den Jahren zuvor.

Und die Sonne lacht - gibt’s das! Bei Sonnenschein Zelte aufbauen, ist schon selten. Hoffentlich bleibt es so. Aber erstmal freuten wir uns riesig auf das Team der Servicestation für Rollstuhlfahrer. War das ein großes Hallo als wir uns sahen. Ein Gefühl, wie nach Hause kommen. Kennen wir uns bereits seit Jahren und haben schon das ein oder andere Bier zusammen gezischt. Und der Spaß kam dabei nie zu kurz (grins). Daneben ist das Team ein wichtiger Bestandteil, um mir eine Teilnahme am W:O:A als Rollifahrer überhaupt zu ermöglichen.

Denn auch dem W:O:A-Team, mit Drees Ringert (ebenfalls Rollifahrer) als Ansprechpartner, ist es ein großes Anliegen, uns Metalheads mit Rollstuhl ein möglichst optimales Festivalerlebnis zu bieten. Hierbei werden sie in enger Zusammenarbeit von Sunrise Medical und dem Sanitätshaus ThiesMediCenter mit ihrem Know-How, Material und Personal unterstützt. Neben einer mobilen Bändchenausgabe für Rollifahrer, gab es ein ganzes Bündel an Serviceleistungen, wie z. B. Reparaturen, kostenlose Lagerung von kühlpflichtigen Medikamenten, Physiotherapie mit Tapen sowie Wacken 2017 - Rollstuhl-Ladestationkostenlose Lade-Servicestation für Elektrorollstühle und Antriebe. Daneben stellte Sunrise Medical Leihrollstühle mit und ohne Antrieb für fußkranke Metalheads zur Verfügung – getreu ihrem Motto "You'll never roll alone".

Auch meine Mücke (Rollstuhl) profitierte von der Ladestation für elektrische Antriebe, wie das Bild rechts zeigt...da verlangte das Gelände doch mehr Futter von ihr als üblich.

Wacken 2017 im Rollstuhl - Vor WackingerIn dieser Zeit nutzte ich den Leih-E-Rollstuhl Jive M von Quickie. Dieser war Wacken-tauglich gepimpt mit extragroßen Outdoor-Rädern. Denn obwohl wir schönes Wetter hatten, war durch den Tage zuvor gefallenen Regen das Gelände teilweise noch matschig. Doch dank des Jives konnte ich endlich wieder ins „Holy Wacken Land“ mit Wackinger Village, Metalmarket, Beergaden Stage und Wacken Center. Wie toll! Das war mir seit 2014 aufgrund des Wetters nicht möglich gewesen. Und das genoss ich in vollen Zügen, z. B. mit der Band Skorbut auf der Wackinger-Stage oder einen Bummel durch die Merchandise-, Getränke- und Fressstände sowie einer Backstage-Tour. Aber auch der Ort Wacken blieb nicht vor uns verschont (grins). Nichts geht über ein Besuch in der Old Metal Bar oder Frühstück in Muttis Biergarten :)

Neben dem tollen Leistungsangebot der Servicestation für Rollifahrer hatten wir hier immer auch einen Treffpunkt. Hier traf man viele neue und alte Bekannte. Es war immer etwas los!    

So lernte ich gleich am Dienstag Öczan, der aufgrund seines offenen Rückens im Rollstuhl sitzt, und Felix aus der Schweiz kennen - das folgende Bild zeigt uns drei zusammen an der Servicestation. Öczan war zum ersten Mal auf Wacken und hatte bereits jetzt ein Dauergrinsen im Gesicht. Wir unterhielten uns lange und sie erzählten mir, wie sie sich kennenlernten.

Wacken 2017 - Andrea, Felix & Özcan am Sunrise Medical Service-Stand

Öczan benötigt im täglichen Leben eine Assistenz, nun wollte aber keiner seiner Freunde mit. Da schaltete er kurzerhand eine Anzeige auf einer Flohmarktseite, um über diesen Weg eine Assistenz für sich zu finden. Felix stieß nur zufällig auf diese, er suchte eigentlich Ersatzteile für sein Auto. Auf meine Frage, was ihn veranlasst hatte auf die Anzeige zu antworten, meinte er: „Das könne er gar nicht sagen, sein Bauch meinte er solle es tun“. Hierzu sei gesagt, dass sich Felix als Sozialarbeiter um obdachlose und suchtkranke Menschen in Luzern kümmert. Auf jeden Fall steht für die beiden fest, nächstes Jahr sind sie wieder auf Wacken. Öczan – Hut ab, tolle Aktion!

So gab es noch viele Begegnungen, darüber zu schreiben würde den Bericht sprengen.

Wacken 2017 - Andrea bei FirefightersEin unbedingtes Must have sind die mittlerweile legendären Wacken Firefighter auf der Beergaden Stage (siehe Foto links). Denn sie eröffnen am Mittwoch inoffiziell das W:O:A. Wie immer ein Heidenspaß für alle und Medienereignis!

Und dann kam das Unwetter (weiter unten auch noch als Video festgehalten)! Bis Donnerstag meinte es der Wettergott noch gut mit uns und dann war er da, der Regen. Pünktlich zur Eröffnung am Nachmittag durch Skyline. Was wäre Wacken auch ohne Regen und The Holy-Wacken-Schlamm. Da würde uns doch echt was fehlen (grins).

Es folgten noch kleine Schauer. Bald gewann jedoch die Sonne wieder die Oberhand. Zeit, den Ort Wacken unsicher zu machen mit Mücke oder E-Rolli. Auch die Spanngurte kamen wieder zum Einsatz, um mich zu den Rolli-Podesten im Infield zu bringen.

Und warum schreibst du dieses Jahr wieder einen Bericht? Klare Antwort: Weil es wieder eine megatolle riesen Party war und ich meine, dass man darüber berichten kann bzw. sollte. Vielleicht kann ich anderen Mut machen, sich doch zu trauen. Es gibt immer Mittel und Wege sowie Hilfe, wenn nötig. Auch ich brauche Hilfe und bekomme sie hier gerne. Also traut Euch!

Über 80 Nationen, die „Vereinten Nationen des Metal“, wie W:O:A-Mitbegründer Thomas Jensen es nannte, haben friedlich miteinander gefeiert. Vielen Dank an alle Metalheads aus aller Welt! Und lieben Dank an alle, die es mir ermöglicht haben, dabei zu sein.

Wir freuen uns schon auf nächstes Jahr. Die Karten sind schon bestellt und die Vorbereitungen haben schon begonnen – denn nach Wacken ist vor Wacken.
                            
In diesem Sinne ein herzliches Wackööööööön!

Eure Andrea

P.S.: Zu einem kuriosen Einsatz wurden die Beamten zudem in der Nacht zu Donnerstag gerufen, als sich ein Besucher über zu laute Musik auf dem Campingplatz beschwerte. Die Polizisten empfahlen ihm Ohrstöpsel, um den Rest des Festivals zu überstehen.

Hier noch drei Videos und ein paar weitere Bilder, für die im Text kein Platz mehr war. Durch Klick auf die Miniaturansicht seht ihr die Bilder in voller Größe. :-)

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