Blog > Oktober 2017 > Pferdetherapie: Medizinische Grundlagen der tiergestützten Therapie mit Pferden

Pferdetherapie: Medizinische Grundlagen der tiergestützten Therapie mit Pferden

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Therapeutisches Reiten, oder auch Pferdetherapie genannt, gibt es seit Jahrhunderten. Bereits im antiken Griechenland wurde Reiten als Maßnahme empfohlen, um körperliche und geistige Gebrechen zu behandeln und vorzubeugen. Die heute gängige Pferdetherapie wurde um 1900 in den USA und Kanada entwickelt. 1969 wurde das erste spezielle Reittherapiezentrum und der entsprechende Verband gegründet.

Die Pferdetherapie gilt als integratives Therapiekonzept, denn es fördert die kognitive, körperliche, soziale und berufliche Entwicklung. Bei so vielen Vorteilen liegt es klar auf der Hand, dass sie dadurch die Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen verbessern kann.

Bei Patienten mit motorischen oder geistigen Störungen erfolgt die Therapie mit Pferden unter besonderen Bedingungen. Hier müssen Therapeuten entsprechend vorbereitet sein. Das bedeutet, dass sie nicht nur gut über ihre Pferde Bescheid wissen, sondern auch Kenntnisse in der Physiotherapie, Psychologie und Pädagogik mitbringen müssen.

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Physischer und psychologischer Nutzen einer Pferdetherapie

Die Pferdetherapie hilft bei verschiedenen Störungen und wird daher für Menschen mit geistigen, körperlichen oder sensorischen Behinderungen empfohlen. Sie eignet sich darüber hinaus auch für Menschen mit psychischen, sprachlichen oder Lernstörungen sowie jene, die an Entfremdung oder sozialer Nichtanpassung leiden. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder können bereits in jungen Jahren von einer Reittherapie profitieren.

Auf physiologischer Ebene strahlt das Pferd Wärme aus, die der Körper wahrnimmt. Dadurch können Muskeln und Sehnen besser entspannen. Gleichzeitig wird der eigene Kreislauf durch den Kreislauf des Tieres angeregt.

Darüber hinaus gibt das Pferd rhythmische Impulse an das Becken, den Rücken und die Beine des Reiters weiter. Diese stimulieren sowohl die Regulation des Muskeltonus als auch der Koordination. Mit dem Tempo des Pferdes lernt der Reiter ein dreidimensionales Bewegungsmuster, was ein Gefühl von Fortbewegung und Vorankommen vermittelt.

Weitere Vorteile einer Pferdetherapie sind unter anderem die Entwicklung des Muskeltonus, da mehrere Muskeln gleichzeitig beansprucht werden sowie Verbesserungen der Körperkraft, Widerstandskraft, Gleichgewicht und Koordination und der motorischen Fertigkeiten.

Die Pferdetherapie hat auch einen psychologischen Nutzen: Reiter können ihre körperlichen Wahrnehmungen in Bezug zu neuen psychologischen Reaktionen setzen. Sie lernen dadurch Signale anderer Menschen und Tiere zu deuten und ihre eigenen Bedürfnisse besser zu artikulieren.

Fast alle Wahrnehmungen sind psycho-emotionaler Natur. Weitere hängen mit der kognitiven Stimulation und Ausdrucksstärke zusammen. Daher kann eine Pferdetherapie das Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen verstärken, Autonomie und Selbstkontrolle fördern, Kommunikationsfähigkeiten verbessern, Konzentration und Aufmerksamkeit erhöhen und Respekt gegenüber Tieren schaffen.

Pferdetherapie

Die unterschiedlichen Arten der Pferdetherapie

Die Pferdetherapie wird als Begleitmaßnahme für viele verschiedene Erkrankungen und Behinderungen empfohlen, unter anderem bei Multipler Sklerose, neurodegenerativen Erkrankungen, Spina bifida, traumatologischen Störungen, Traumata, Autismus und Down-Syndrom. Die Reittherapie kann auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten zugeschnitten werden. Nachfolgend einige Beispiele:

Therapeutischer Reitunterricht

Hier geht es um die Gewöhnung des Reiters ans Reiten. Es ist eine der am häufigsten durchgeführten Formen der Pferdetherapien. Der Patient lernt nicht nur mit dem Tier umzugehen, sondern auch auf dessen Umgebung und andere Personen zu reagieren (Therapeuten, Familienmitglieder und Partner etc.). Wenn eine Pferdetherapie sich ausschließlich mit der Interaktion zwischen Reiter und Pferd beschäftigt, sprechen wir von einer sozialen Pferdetherapie.

Adaptiertes Reiten

Es handelt sich hierbei vielmehr um eine adaptierte Sportart und weniger um eine Therapie. Sie ist an Menschen gerichtet, die gerne reiten möchten, aber aufgrund ihrer Behinderung eine Adaption benötigen. Gleichzeitig kann Para-Dressursport als Pferdetherapie oder Reittherapie betrachtet werden, da es die gleichen Vorteile besitzt wie therapeutischer Reitunterricht und in einigen Fällen sogar mehr bewirken kann.

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Hippotherapie

Bei dieser Form der Physiotherapie werden die Bewegungen des Pferdes genutzt, um die sensorischen und motorischen Leistungen des menschlichen Beckens beim Laufen zu replizieren.

Heilpädagogisches Voltigieren

Ähnlich wie die Hippotherapie werden beim heilpädagogischen Voltigieren Gymnastikübungen auf dem Rücken des Pferdes durchgeführt. Dadurch können Gleichgewicht und die gleichzeitige Koordination mehrerer Gliedmaßen verbessert werden.

Pferdetherapie ist weder Trend noch eine Modeerscheinung. Sie ist sowohl auf psychischer als auch auf physischer Ebene von großem Nutzen und daher für Menschen mit Behinderungen besonders empfehlenswert. Bist du bereit, das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde zu suchen?